Malteser Magazin (MM) fragt nach: Frau Perlitt, neben Ihrem umfassenden Engagement in der Diözese Limburg, wieso haben Sie sich zusätzlich für die Kandidatur der Vizepräsidentin entschieden?
Clementine Perlitt: Die Arbeit auf Diözesanebene gerade als Bindeglied zu den Gliederungen ist ein entscheidender Transformationsriemen von der Ortsebene in die Regional- und Bundesebene und umgekehrt. Jede Diözese hat wiederum ihre eigenen Themen. Es reizt mich, über den Tellerrand zu blicken und gesamtverbandlich zu denken. In den letzten 14 Jahren haben viele Malteser durch ihren überzeugenden Einsatz meinen Glauben stark geprägt. Dafür bin ich dankbar. Die Zukunftsfähigkeit von uns Maltesern in einer sich schnell verändernden Welt liegt mir am Herzen. Dafür möchte ich mich einsetzen.
MM: Herr Falkenberg, seit 1995 sind Sie Mitglied im MHD: Was hat Sie damals motiviert, sich für die Malteser als Hilfsorganisation zu entscheiden?
Boris Falkenberg: Tatsächlich wollte ich mich damals einfach nur von der Wehrpflicht „drücken“, da ich ein interessantes Jobangebot bekommen hatte, das ich ungern wegen der Bundeswehr ausschlagen wollte. Ich schaute mir verschiedene Organisationen an, letztendlich waren mir die Menschen, denen ich damals bei den Maltesern begegnete, einfach am sympathischsten. Wir hatten sehr schnell „eine Verbindung“ und so habe ich mich für die Malteser entschieden. Danke Alex!
MM: Frau Perlitt, Sie sind seit 2006 beim MHD. Warum?
Clementine Perlitt: Mich bei den Maltesern aktiv einzubringen hat eine Initiative unseres heutigen Präsidenten geschafft und ich erinnere ich mich noch sehr genau daran: Im Winter 2005 hatte Georg Khevenhüller, damals als Limburger Diözesanleiter, in den Sitzungssaal einer großen Versicherung eingeladen, um für die Malteser zu werben. Die einzelnen Dienste wurden von den aktiven Helfern so kompetent und überzeugend vorgestellt, dass ich mich gefragt habe, wieso ich eigentlich nicht schon längst dabei bin. Schon war ich infiziert. Danke an alle in der Diözese Limburg für das herzliche Willkommen und all die gemeinsamen Jahre!
MM: Herr Falkenberg, Sie sind vielfältig in der Diözese Limburg tätig: Was sind die Aufgaben des Stadtbeauftragten der Gliederung Wetzlar sowie des Kreisbeauftragten im Lahn-Dill-Kreis und was motiviert Sie, neben diesen beiden Ämtern auf Bundesebene aktiv zu sein?
Boris Falkenberg: Als Beauftragter führe ich im Team mit der Ortsleitung die Gliederung Wetzlar/Lahn-Dill. Wir sind eine relativ große Gliederung mit über 350 aktiven Helfenden in verschiedensten Diensten. Der größte Dienst ist die Notfallvorsorge, aus der ich auch selbst stamme. Daneben haben wir noch Erste Hilfe-Ausbildungen, Jugendarbeit, Auslandsdienst, Soziales Ehrenamt und Integrationslotsen - die „klassischen“ Säulen der Malteser.
Es macht mir riesigen Spaß dazu beizutragen, dass es in allen Diensten rund und gut läuft. Besonders liegt mir die Entwicklung junger Menschen am Herzen. So ist es mir in den vergangenen 16 Jahren gelungen, ein starkes Team aufzubauen, auf das ich mich jederzeit verlassen kann. Die guten und oft sehr freundschaftlichen Beziehungen im gesamten Team geben mir Kraft und Freude.
Das ist es auch, was mich motiviert auf Bundesebene aktiv zu sein. Ich möchte dazu beitragen, dass wir bundesweit Malteser haben, die mit Herzblut bei der Sache sind und gute Rahmenbedingungen sowie Unterstützung erleben. Da habe ich schon einige Ideen auf den Weg gebracht und es folgen noch mehr.
MM: Frau Perlitt, auch Ihre Aufgaben – unter anderem als stellvertretende Diözesanleiterin – sind vielfältig. Was genau machen Sie?
Clementine Perlitt: Die Diözesanleiter und Diözesanleiterinnen verantworten im Tandem mit den Geschäftsführern die gesamte Tätigkeit des MHD auf Diözesanebene, also die strategische, personelle und finanzielle Ausrichtung. Als Stellvertreterin trage ich mit Sorge für die Förderung der Verbandskultur und die Betreuung der Gliederungen und repräsentiere auch den MHD nach innen und außen. Die entsprechenden Sitzungen im Vorstand vorzubereiten und im Vertretungsfall zu leiten gehört ebenfalls dazu, das betrifft auch die Beauftragten-Tagungen und die Diözesanversammlung.
Zudem engagiere ich mich Rahmen der Lourdes Kranken-Wallfahrten. Diese konnten 2020, wie so vieles, leider nicht stattfinden. Ich vermisse es, denn nach Lourdes kranke und behinderte Menschen begleiten zu dürfen und deren tiefes Gott-Vertrauen und die daraus resultierende Lebensstärke, trotz aller Schmerzen und Einschränkungen, erleben zu dürfen, ist jedes Mal aufs Neue zu tiefst beeindruckend. Lourdes macht was mit einem, es lehrt Demut, Dienst und Hingabe. Große Worte, aber ich empfinde das jedes Mal ganz stark.
Und ich bin Mitglied der Projektgruppe Ehrenamt: Die Projektgruppe Ehrenamt hat zum Ziel, die Malteser als überzeugende und attraktive Hilfsorganisation zukunftsfähig zu machen und attraktiv zu halten. Hier fließen viele Prozesse des Miteinanders, Füreinanders und der Öffentlichkeitswirksamkeit mit ein. Wir sind schon gut, aber wir können noch besser. (Perlitt lacht)
MM: Herr Falkenberg, auch Ihnen liegen die Zukunftsfähigkeit und die Gewinnung und Qualifizierung von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern besonders am Herzen – unter anderem sind Sie Mitglied der Projektgruppe „Ehrenamt 2020“ und Trainer in der Erwachsenenbildung an der Malteser Akademie. Wie gelingt es Ihnen in der heutigen, recht schnelllebigen Zeit, die Energie für ein Ehrenamt aufzubringen, welchen Rat können Sie jungen Menschen geben, die sich in der Gesellschaft engagieren möchten?
Boris Falkenberg: Wie bereits gesagt, ziehe ich die Energie aus den Freundschaften, die ich bei den Maltesern aufgebaut habe. Die Arbeit als Malteser muss vom Herzen kommen und da spielen Freundschaften eine wichtige Rolle. „…weil Nähe zählt.“ ist für mich nicht einfach nur ein Slogan, sondern Ausdruck unserer engen und vertrauten Gemeinschaft. Den Leitsatz „Malteser ist man nicht allein“ konnte ich schon häufig erleben. Es macht mir große Freude, meine Erfahrungen mit anderen zu teilen und dazu beizutragen, dass Gesellschaft auch wirklich als echte Gemeinschaft spürbar wird. Als Rat würde ich geben: „Denkt immer daran, dass jeder Mensch gleich wertvoll ist. Niemand ist schlechter oder besser als andere. Wir sind alle nur die Summe unserer Erfahrungen und wir müssen dafür sorgen, dass andere Menschen gute Erfahrungen machen. Also seid gut zueinander. Schaut euch in die Augen, hört euch zu, hinterfragt, um zu verstehen, verzeiht einander und helft euren Nächsten gute Erfahrungen zu machen.“
MM: Frau Perlitt, Welche Themen möchten Sie ganz konkret ins Präsidium einbringen, welche „Baustellen“ sehen Sie beim MHD?
Clementine Perlitt: Meine Vorgängerin, Vinciane Gräfin von Westphalen, hat in ihrer achtjährigen Amtszeit das Programm „Miteinander - Malteser Ehrenamt 2020“ intensiv begleitet. Das Programm geht nun in die Zielgerade, es wurde dabei enorm viel angestoßen und umgesetzt. Die Herausforderungen aber bleiben: Was macht die Malteser attraktiv und wie können wir andere mit unserer Begeisterung für zivilgesellschaftliches Engagement anstecken? Welche Voraussetzungen schaffen optimale Rahmenbedingungen für das Ehrenamt?
Wir sind schon aktiv, aber wir dürfen nicht müde werden, an einer bewussten Kommunikation nach außen und innen zu arbeiten. Alle Dienste und alle Ebenen im Haupt- und Ehrenamt dabei in gleicher Weise, objektiv und zugewandt, im Blick zu behalten halte ich für enorm wichtig.
Der verlässliche, offene Austausch und genaues Hinhören, das A und O, um zielführende Entscheidungen zu treffen, liegt mir. Auch in meinem Beruf geht es genau darum.
Drei Punkte möchte ich noch nennen. Sie sind ebenso wichtig wie alles andere, aus reinem Platzmangel schneide ich sie nur kurz an:
- Unser katholisches Profil als Malteser glaubhaft zu leben, unser Christ sein nahbar, einladend und verbindend zu gestalten ist mir ein Anliegen.
- Den Schulterschluss zur Jugend durch einen Austausch auf Augenhöhe empfinde ich als große Anregung.
- Und: Corona und die damit verbundenen Folgen werden uns leider noch eine Weile auf Trab halten. Ich sehe darin auch eine Chance Prozesse zu überdenken und zu verbessern.
MM: Woran machen Sie fest, Frau Perlitt, dass diese Themen zukunftsweisend sind und auf die Agenda des Präsidiums gehören?
Clementine Perlitt: Unsere Zeit im Ehrenamt soll uns Freude machen, damit wir etwas weitergeben können. Wenn wir keine Strahlkraft als Verband haben, können wir weder überzeugen, bei uns mitzumachen, noch können wir verständlich machen, wieso gerade unsere Dienste finanziell unterstützt werden sollen.
MM: Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie vor, Frau Perlitt?
Clementine Perlitt: Ich möchte nur zwei nennen, vieles wurde in den letzten Jahren schon angestoßen und befindet sich nun in der Umsetzungsphase:
IT-Kompetenz im Ehrenamt weiter stärken. Hierzu gibt es viele gute Ansätze und große Vorkämpfer! Wir erleben einen starken Umbruch, den wir sehr bewusst begleiten werden, damit wir alle für die neuen Medien mit ins Boot holen.
Sympathie, Glaubwürdigkeit und Kompetenz, das sind die drei magischen Punkte in der Kommunikation. Alle drei erfüllen wir, ich freue mich darauf, sie gemeinsam mit Ihnen und Euch allen noch erlebbarer zu machen.
Noch ein Hinweis: Nach intensiver Vorbereitung wird die Kampagne #fassdireinherz anlaufen. Eine tolle Initiative.
MM: Eine abschließende Frage an Herrn Falkenberg: Welche Themen haben Sie in den vergangenen vier Jahren ganz konkret ins Präsidium einbringen können, wo sehen Sie Handlungsbedarf beim MHD?
Boris Falkenberg: Wow, da muss ich jetzt erstmal einen Moment überlegen. In den letzten vier Jahren konnte ich einiges einbringen und bewegen, hier ein paar wenige Beispiele:
Helferverwaltung in ARNO; Feedback aus dem Bundesgebiet zu den verschiedensten Themen von Ehrenamt 2020, sowie zur Neugestaltung von Satzung Leitfaden; Erfahrungen aus diversen IT-Pilotprojekten, wie z. B. der Umstellung der Mail-Adressen; Gründung der Arbeitsgruppe Bürokratieabbau und vieler damit verbundener Innovationen (zum Beispiel Umstellung ePost für Gliederungen, Online-Ortsversammlungen, Vereinfachung Fahrtkosten- und Auslagenabrechnungen, Online-Fax-Lösungen, Vereinfachung der iLAs, IT-Service für das Ehrenamt 24/7, Ehrenamts-Laptop…); Feedback zu geplanten Anpassungen der Dienst- und Einsatzkleidung; Neuordnung der Helfergrundausbildung (heutige Malteser Grundausbildung); Anstoß für die Arbeitsgruppe eLearning.
Eine große Baustelle sehe ich im Bereich der internen Kommunikation. Hier läuft es oft suboptimal, da Informationen nicht dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Ich arbeite seit vier Jahren kontinuierlich an dem Aufbau von Netzwerken, in denen Informationen (ohne die Flaschenhälse der Region/Diözesen) direkt an die Ortsebene gelangen.
So habe ich mittlerweile eine Malteser-Facebook-Gruppe mit über 3.500 Mitgliedern, ein großes Team der Beauftragten aus Deutschland, ein Team für Ausbildungen in der Notfallvorsorge, und noch einige mehr.
Frau Perlitt, Herr Falkenberg, die Redaktion desMalteser Magazin dankt Ihnen für Ihre offenen Antworten. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihren Projekten und Gottes Segen!