Hilfe für Bosnien und Herzegowina geht in die nächste Runde

Es sollen weitere Gewächshäuser für bedürftige Familien mit Stärkung der heimischen Wirtschaft angeschafft und aufgestellt werden – Kauf und Aufstellung erfolgen über Firmen vor Ort.
Foto: Malteser ++ Es sollen weitere Gewächshäuser für bedürftige Familien mit Stärkung der heimischen Wirtschaft angeschafft und aufgestellt werden – Kauf und Aufstellung erfolgen über Firmen vor Ort.

Die Einrichtungen der medizinischen Versorgung sind schon in ‚normalen‘ Zeiten nur wenig leistungsfähig – durch Corona geraten diese Strukturen in kürzester Zeit an ihre Leistungsgrenze“, weiß Briegel, der seit vielen Jahren die Hilfe für das noch immer vom Krieg gezeichnete Land für die Malteser mit koordiniert.

Corona und kein Ende in Sicht

Jürgen Briegel: „In diesen Zeiten bedeutet die Verbringung auf eine Intensivstation letztendlich, dass die Überlebenschance eines Patienten mit null zu beziffern ist. Impfstoff gibt es nur sehr wenig – die EU hat jetzt gerade einmal 214.000 Impfdosen geschickt für circa 3,3 Millionen Einwohner. Die Lage ist für viele Menschen hoffnungslos und äußerst deprimierend. Arbeitslosigkeit prägt viele Gebiete noch stärker als zuvor, hinzu kommt die Korruption, die fast schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Die Arbeit des Sozialamtes in Vares – eine Verbandsgemeinde im Herzen des Landes, die wir seit Jahren nach dem Prinzip ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ unterstützen – war zwischenzeitlich durch eine Kontensperrung aufgrund mangelnder Liquidität sehr stark eingeschränkt. Dies traf dann wieder die ärmsten der Armen. Seitens des Staates gibt es nur minimale Unterstützung.“

Online-Treffen zu Hilfsmaßnahmen

Briegel zeichnet ein düsteres Bild, macht aber auch Hoffnung: „Gemeinsam mit unseren Partnern in Deutschland und Bosnien und Herzegowina haben wir am 22. April in einem Online-Treffen über Maßnahmen zur Hilfe gesprochen.“ Teilgenommen haben neben Jürgen Briegel Vertreter der Abteilung Auslandsdienst der Malteser-Zentrale in Köln und des Auslandsdienstes der Malteser-Standorte Limburg-Weilburg und Rhein-Lahn. Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Bosnien und Herzegowina waren Marijan Lovrinovic (Präsident des Crveni Kriz / Rotes Kreuz aus Novi Travnik), Nehida Gondzo (Leiterin des Sozialamtes in Vares), Naira Ganic (Übersetzerin und Begleiterin der Jugendgruppe Bosnien und Herzegowina), Schwester Jela Marijic (Leiterin der Grundschule in Vares), Lidija Berberovic-Miletovic (Mitarbeiterin Schule Vares und Übersetzerin).

Hilfsprojekte konzertiert planen und durchführen

Auf der Agenda für das Online-Treffen standen unter anderem der Austausch darüber, welche Organisationen und Institutionen aktuell mit Projekten vor Ort tätig ist. „Können wir Synergieeffekte nutzen? Welche Projekte konnten im vergangenen Jahr umgesetzt werden? Welche Projekte wollen wir dieses Jahr umsetzten? Wo sollen die Schwerpunkte der künftigen Zusammenarbeit gesetzt werden? Welche Nöte und Sorgen treiben unsere Partner vor Ort besonders um?“, zählt Briegel die wichtigsten Fragen auf, die es gemeinsam zu beantworten galt. Aber auch die Planung des Jubiläums „30 Jahr Auslandsdienst der Malteser in der Diözese Limburg“ stand auf dem Programm.

„Ganz wichtig ist es trotz der eigenen pandemiebedingten Herausforderungen den Kontakt zu unseren Partnern in Bosnien und Herzegowina zu halten“, bringt der Referent Auslandsdienst das oberste Ziel auf den Punkt. „Deutlich machen, dass wir unsere Partner vor Ort auch in dieser Zeit unterstützen, dass wir sie nicht vergessen, das ist ein enormer emotionaler Rückhalt, den man nicht unterschätzen darf. Wir wollen die Möglichkeiten der Kommunikation und Aufrechterhaltung der sozialen Bindungen in Zeiten ohne Dienstreisen anbieten.“ Zudem gelte es den Bedarf an Hilfeleistungen der Partner vor Ort zu identifizieren und mögliche Projekte gemeinsam zu planen und auch umzusetzen.

Lebensmittel, Medikamente, Geld für Heizstoffe und Kleidung

„Es fehlt seit Jahren vor allem für Jugendliche eine Perspektive für die Zukunft. Die können wir leider nicht bieten. Aber es fehlt, gerade bei den Ärmeren, vor allen Dingen alten Menschen, schon die Möglichkeit der Erfüllung von Grundbedürfnissen – Lebensmittel, Medikamente, Geld für Heizstoffe oder Kleidung“, beschreibt Jürgen Briegel die Situation in Bosnien und Herzegowina. „Wir unterstützen beispielsweise in der Regel mit dem Kauf von Gewächshäusern oder Nutzvieh. Wir bieten aber auch finanzielle Unterstützung für das Rote Kreuz als Hilfsorganisation vor Ort zur Aufrechterhaltung des Kaufs von Medikamenten, Lebensmittel mit der Verteilung über den mobilen Einkaufswagen an das Sozialamt in Vares als Vermittler an die ärmsten Gemeindemitglieder, damit sich diese Kleidung und Nahrung kaufen können.“

Konkrete Hilfe und weitere Schritte beschlossen

Als nächster Schritt erfolgt die Festlegung wie hoch die finanzielle Unterstützung des Roten Kreuzes in Novi Travnik sowie des Sozialamtes in Vares aufgrund der Bedarfsmeldung sein soll. „Wir treiben die Gründung eines Teams mit Beteiligung deutscher Jugendlicher und Jugendlichen aus Bosnien und Herzegowina für den interkulturellen Austausch voran“, sagt Briegel. Zudem sollen weitere Gewächshäuser für bedürftige Familien mit Stärkung der heimischen Wirtschaft angeschafft und aufgestellt werden – Kauf und Aufstellung erfolgen über Firmen vor Ort. „Konkret sollen vier weitere Gewächshäuser in der Nähe von Vares die Lebensbedingungen von Familien verbessern, indem Gemüse für den eigenen Verzehr aber auch den Verkauf angepflanzt wird.“

Persönlicher Austausch und Entwicklungskontrolle

Nicht zu unterschätzen ist zudem die technische Ausstattung des Sozialamtes in Vares: Die Anschaffung eines leistungsfähigen Rechners soll die Arbeit vor Ort effizienter machen und die interne und externe Kommunikation verbessern. „Außerdem werden wir prüfen, ob ein Dienstfahrzeug vor Ort zur Aufrechterhaltung des mobilen Einkaufsdienstes des Roten Kreuzes in Novi Travnik verbessern würden“, verspricht der Referent Auslandsdienst der Malteser im Bistum Limburg. Weiter stehen Planung und Aufbau eines Großgewächshauses zur Bewirtschaftung durch eine Interessengemeinschaft vor Ort in Vares auf der Aufgabenliste. „Die Perspektive soll sein, den Ertrag der Ernte mit anderen erwerbslosen Menschen zu teilen“, ergänzt Jürgen Briegel. „Ganz wichtig ist uns auch die Weiterführung der Jugendarbeit und der Möglichkeit der Begegnung: auf das Bundesjugendlager 2022 in Köln setzen wir große Hoffnungen, nachdem uns Corona im vergangenen Jahr und auch 2021 Präsenzveranstaltungen nicht hat durchführen lassen.“

Für den Herbst ist das nächste Treffen des Projektteams geplant – und wer weiß, vielleicht dürfen Jürgen Briegel und seine Kolleginnen und Kollegen dann über Dienstreisen nachdenken, denn, so der Referent Auslandsdienst der Malteser: „Wir möchten uns auch weiterhin persönlich davon überzeugen, dass unsere Hilfe und die Spendengelder unserer Förderer und Unterstützer dort ankommen, wo sie gebraucht werden.“

Die Malteser rufen dringend zu Spenden für die Betroffenen in Bosnien auf:
Malteser Hilfsdienst e.V.
IBAN: DE 1037 0601 2012 0120 0012
S.W.I.F.T.: GENODED 1PA7
Stichwort: "Bosnien-Hilfe"
Oder online: www.malteser.de